Anorexia Nervosa
Das Krankheitsbild der Anorexia nervosa ist erstmals bereits 1873 beschrieben worden, die Diagnose wird aber erst seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts häufiger gestellt, wobei nicht eindeutig gesagt werden kann, ob die Krankheit in der heutigen Gesellschaft tatsächlich häufiger auftritt, oder ob die gestiegene Aufmerksamkeit dazu führt, daß die Krankheit häufiger diagnostiziert wird. Wörtlich übersetzt bedeutet Anorexie "Appetitverlust oder -verminderung" - eine irreführende Bezeichnung, da nicht unbedingt der Appetit, sondern in erster Linie das Eßverhalten gestört ist. Der Zusatz "nervosa" weist auf die psychischen Ursachen der Essstörung hin. Die an dieser Störung leidenden Frauen haben keinen Appetitmangel, sondern bekämpfen ihren Hunger.
Die Furcht zu dick zu sein oder wieder an Gewicht zuzunehmen steht, trotz bestehendem Untergewicht, immer im Vordergrund. Die Gedanken kreisen ständig um die Themen Ernährung, was darf ich essen, habe ich zu viel gegessen, wie werde ich die Kalorien wieder los, etc. Auch exzessive Ausübung verschiedenster Sportarten (vor allem Cardiotraining und Ausdauersportarten zur vermeintlichen Fettverbrennung) werden gerne genutzt um die gegessenen Lebensmittel wieder abzubauen. Dazu sei zu sagen, ein Muskelaufbautraining im Zuge der Therapie ist auf jeden Fall sinnvoll! Es formt den Körper und macht dadurch eine Zunahme für die Betroffenen einfacher.
Weiteres wird eine Vermeidung des Essens in der Öffentlichkeit, Zurückgezogenheit bis hin zu Depressionen beobachtet. Durch die Selbsteinschränkung der Mädchen wird das soziale Leben hinten angestellt. Abgesehen von den zwischenmenschlichen Beeinträchtigungen hat die Magersucht auch schwerwiegende körperliche Konsequenzen, einige habe ich euch hier aufgeführt:
Auswirkungen auf den Körper
Kaliummangel
Krankhaftes Untergewicht hat vielfältige und gravierende Auswirkungen auf den menschlichen Körper bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Dazu zählt vor allem der durch die Mangelernährung ausgelöste Kaliummangel, der lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen zur Folge haben kann.
Blutarmut/Ödeme
Aufgrund einer Schädigung des Knochenmarks kann eine Anämie (Blutarmut) hervorgerufen werden. Durch die niedrige Eiweißzufuhr mit der Nahrung kommt es zu einem Absinken des Albumins (Transportprotein). Bei einer verringerten Albuminkonzentration kann die im Blut enthaltene Flüssigkeit nicht mehr ausreichend gebunden werden und lagert sich im Gewebe ab (Ödembildung).
Verringerte Östrogenproduktion
Eine nachlassende Östrogenproduktion kann das Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhö) zur Folge haben. Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) unterstützen die Einlagerung von Calcium in die Knochenmatrix. Dieser Vorgang ist im Kindes- und Jugendalter besonders wichtig und wird bis zum 30. Lebensjahr abgeschlossen. Eine reduzierte Östrogenproduktion hat daher vor allem in diesem Lebensabschnitt eine geringere Knochendichte zur Folge, wodurch sich die Gefahr einer Osteoporose erhöht.
Erhöhte Cortisolspiegel
Um den Blutzucker trotz der mangelnden Zufuhr von Kohlenhydraten konstant zu halten, muss Glucose aus anderen Substanzen (z. B. Ketonkörper, bestimmte Aminosäuren) gebildet werden. Dies macht eine erhöhte Sekretion von Cortisol sowie anderen Hormonen notwendig. Dauerhaft erhöhte Cortisolspiegel können zu Haarausfall, Hautveränderungen und psychischen Erkrankungen führen und begünstigen, wie eine verringerte Östrogenproduktion, die Entstehung der Osteoporose.
Unfruchtbarkeit
Durch die eingeschränkte Östrogenbildung kommt es zu einer Störung der weiblichen Keimdrüsen. Die daraus resultierende Unfruchtbarkeit (Infertilität) bleibt auch bei erfolgreicher Behandlung meist noch längere Zeit bestehen (bis zu Jahren).
Unterzuckerungen
Nach längerer unzureichender Kohlenhydratzufuhr sind die körpereigenen Reserven aufgebraucht. Da die endogene Bildung von Glucose (Gluconeogenese) nur sehr langsam abläuft, kann es in Kombination mit starker körperlicher Belastung zu Unterzuckerungen (Hypoglykämien) kommen, die - je nach Schweregrad - zur Bewusstlosigkeit oder zu Hirnschäden bis hin zum Tod führen können, was auf die Minderversorgung des Gehirns mit Energie (Glucose) zurückzuführen ist.
Veränderte Laborparameter
Die Anorexia nervosa ruft eine Reihe biochemischer Abnormitäten hervor. Die Veränderungen der wichtigsten Blutparameter sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.